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Grundlegende Änderungen für Geschäfte mit Verbrauchern

Mittwoch, Oktober 22, 2014

Mit dem am 13. Juni 2014 in Kraft getretenen Verbraucherrechte-Richtlinie-Umsetzungsgesetz (VRUG), hat Österreich die EU-Richtlinie über die Rechte der Verbraucher (2011/83/EU) umgesetzt. Die innerstaatliche Umsetzung bringt für alle Verbrauchergeschäfte grundlegende Änderungen. Im Wesentlichen handelt es sich bei den inhaltlichen Änderungen um eine Neuregelung, Konkretisierung und Erweiterung der Informationspflichten und um die Schaffung eines zeitlich erweiterten und vor allem erleichterten Rücktrittsrechts der Verbraucher. Daneben spielt die Einführung von Regelungen, die einerseits die Informationslage des Verbrauchers über die Erhebung von Beschwerden verbessern und andererseits Kosten des Verbrauchers aus Beschwerden vermeiden, eine wesentliche Rolle. Einen weiteren Schwerpunkt nehmen die Vorschriften über den Fernabsatz – Vertragsabschlüsse via online Shops oder auch telefonisch erfolgte Vertragsabschlüsse – und über den Vertragsabschluss außerhalb von Geschäftsräumen (sogenannte Haustürgeschäfte), ein. Hierzu diente die Einführung des neuen Fern- und Auswärtsgeschäfte-Gesetzes (FAGG).

Mitunter umfassen die wesentlichen Eckpunkte des Gesetzes grundsätzlich die Informationslage des Verbrauchers (orientiert am sogenannten Leitbild des „mündigen und informierten Verbrauchers“). Neue vorvertragliche Informationspflichten und die Übermittlung allfälliger Muster-Formulare (Rücktritt, Wiederruf) stehen bei Vertragsabschlüssen mit Verbrauchern im Vordergrund. Bei Fehlen der vorgeschriebenen Informationen (wie beispielsweise Kontaktdaten des Unternehmers, Leistungs- und Lieferbedingungen, aber auch Informationen in Bezug auf die wesentlichen Eigenschaften des Vertragsgegenstandes), die dem Verbraucher bevor er durch einen Vertrag oder eine Vertragserklärung gebunden ist – in klarer und verständlicher Weise – zur Verfügung gestellt werden müssen, besteht keine vertragliche Bindung des Verbrauchers. Demgegenüber ist der Unternehmer an seine Vertragserklärung gebunden.

Hinsichtlich der Vertragsabschlüsse im Fernabsatz, vor allem unter Verwendung von Webshops, ist unter Berücksichtigung der vorvertraglichen Informationspflichten anzugeben, welche Zahlungsmittel akzeptiert werden und ob es Beschränkungen der Lieferungen geben kann. Betreffend den Vertragsabschluss außerhalb von Geschäftsräumen ist der Verbraucher grundsätzlich schriftlich (auf Papier) zu belehren, damit der Unternehmer seine Informationspflichten iSd FAGG erfüllt. Bei Fernabsatz-Geschäften darf die Informationserteilung beispielsweise auch via e-mail erfolgen. Abseits dieses informierenden Formulars muss dem Verbraucher eine Ausfertigung bzw eine Bestätigung des Vertragsdokuments ausgefolgt werden. Um Vertragsabschlüsse im elektronischen Geschäftsverkehr verbraucherfreundlicher zu gestalten, muss nunmehr die Entgeltpflicht von Verbraucherseite bestätigt werden. Hierzu dient möglicherweise die sogenannte Button-Lösung, bei der mit Hilfe einer digitalen Schaltfläche (Button) – mit der (oder einer vergleichbaren) Aufschrift „zahlungspflichtig bestellen“ – der Vertragsabschluss bestätigt wird.[1]

Neben den Bestimmungen betreffend den Fernabsatz im Internet, spielt ebenso der Fernabsatz im Zuge von telefonischen Vertragsabschlüssen eine wesentliche Rolle. In dem Zusammenhang sind Verbraucher nunmehr erst an die Vertragserklärung gebunden, wenn dieser zum einen die Bestätigung des Vertragsanbotes von Seiten des Unternehmers auf einem dauerhaften Datenträger, wie Papier, e-mail oder USB-Stick, erhält und zum anderen seine schriftliche Erklärung über die Annahme des Vertragsanbotes ebenfalls auf einem solchen dauerhaften Datenträger übermittelt.

 

Erwähnenswert ist die neue Regelung des Rücktrittsrechts, das sich bislang für Fernabsatzverträge – und auch Vertragsabschlüsse des so genannten Haustürgeschäftes – im Konsumentenschutzgesetz (KSchG) fand. Das bisherige Rücktrittsrecht umfasste die Möglichkeit bei den betreffenden Vertragsabschlüssen im Fernabsatz und bei Haustürgeschäften sieben Tage lang seinen Rücktritt zu erklären. Mit Etablierung der neuen Bestimmung erstreckt sich dieses grundlose Rücktrittsrecht nun auf vierzehn Tage. Unterlässt es der Unternehmer, den Verbraucher vor Abgabe der Bestellung über das Rücktrittsrecht zu informieren, verlängert sich die Rücktrittsfrist auf ein Jahr plus vierzehn Tage[2]. Holt der Unternehmer die unterbliebene Information – etwa im Zuge der Lieferung der Ware oder bei Beginn seiner Dienstleistung – nach dann läuft die vierzehntägige Rücktrittsfrist erst ab diesem Zeitpunkt. Für die Rücktrittserklärung muss keine bestimmte Form eingehalten werden, der Verbraucher kann dafür sowohl ein allfälliges Rücktritts-Formular verwenden, aber auch ein telefonischer Rücktritt bzw die Rücktrittserklärung via SMS oder e-mail reicht aus. Im Falle der bloßen Retournierung der Ware ist für eine wirksame Rücktrittserklärung ein zusätzlicher Vermerk auf den damit erklärten Rücktritt notwendig. Unter der Voraussetzung, dass der Verbraucher von Seiten des Unternehmers vor Abgabe der Bestellung auf die Kostentragung hingewiesen worden ist, sind die Rücksendekosten vom Verbraucher zu tragen. Daneben steht es dem Unternehmer natürlich weiterhin frei, die Rücksendekosten freiwillig zu übernehmen. Kein Rücktrittsrecht besteht bei bestimmten Arten von Verträgen (zB Verträge über soziale Dienstleistungen und Gesundheitsdienstleistungen, Kredit- und Versicherungsverträge, etc), Haustürgeschäften mit einem Entgelt von maximal € 50,00 und in Hinblick auf die Art der Ware (wie beispielsweise nach Kundenspezifikation angefertigte Waren, schnell verderbliche Waren, etc).

Für den Bereich der Dienstleistungsverträge gilt eine schwerwiegende Änderung: Sofern der Verbraucher den Unternehmer auffordert, vor Ablauf der Rücktrittsfrist mit der Ausführung der Dienstleistung zu beginnen, kann er dennoch vom Vertrag zurücktreten. Das Rücktrittsrecht entfällt lediglich dann, wenn der Verbraucher über den Entfall des Rücktrittsrechts von Seiten des Unternehmers informiert und die Dienstleistung vollständig erbracht wurde. Wurde die Dienstleistung erst teilweise erbracht, muss der Verbraucher – sofern er vom Unternehmer zuvor ordnungsgemäß über sein Rücktrittsrecht und die Folge der anteiligen Entgeltpflicht im Rücktrittsfall informiert wurde – ein anteiliges Entgelt zahlen.

 

Abseits der erwähnten Neuerungen finden sich auch Bestimmungen hinsichtlich der Auslieferung von bestellten Waren. Hier hat der Unternehmer die vertragsgegenständliche Ware ohne unnötigen Aufschub bereitzustellen und eine Maximalfrist von dreißig Tagen einzuhalten. Diese gesetzliche Höchstfrist erfährt dann eine Einschränkung, wenn zwischen Unternehmer und Verbraucher eine andere Leistungsfrist vereinbart worden ist.

Sofern sich Unternehmer nicht an die neuen Bestimmungen anpassen, stehen ihnen weitreichende Konsequenzen entgegen. Entsprechen die Vertragsformulare in Verbindung mit allfälligen Bestellungen nicht den neuen Bestimmungen des VRUG, können sowohl verwaltungs-, als auch lauterkeitsrechtliche Sanktionen entstehen. Schwerwiegendste Konsequenzen beziehen sich unter anderem auf Formfehler, die einerseits zu unwirksamen Verträgen, andererseits sogar zu Leistungen ohne Anspruch auf Bezahlung führen.

 

Informieren Sie sich, welche Pflichten Sie aus dem künftigen Gesetz treffen werden und wie Sie sich als Unternehmen am besten vorbereiten. Für Ihre Anliegen und Fragen zu den Neuerungen der im Verbraucherrecht stehen wir Ihnen jederzeit gerne zur Verfügung.

 

[1] Die Unverbindlichkeit für den Verbraucher gilt nur im Anwendungsbereich des FAGG, daher zB nicht bei Bank- und Versicherungsgeschäften.

[2] Das heißt in concreto, dass spätestens zwölf Monate und vierzehn Tage nach Vertragsabschluss bzw Erhalt der Ware das Rücktrittsrecht keinesfalls mehr ausgeübt werden kann.

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