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OLG Graz kippt Zinsanpassungsklausel für Kontoüberziehung

Donnerstag, Januar 26, 2017

Anlass war die Klage des Vereins für Konsumenteninformationen (VKI) gegen die Landes-Hypothekenbank Steiermark AG. 

Die beanstandeten Klauseln im mittlerweile modifizierten vorgefertigten „Preisblatt für Privatkonten“ lauten:

1a. „nomineller Jahreszinssatz mit kurzfristiger Überziehungsmöglichkeit p.a. 11,750 %“

1b. „nomineller Jahreszinssatz ohne kurzfristige Überziehungsmöglichkeit p.a. 11,750 %“

2. „zzgl. Verzugszinsen bei Überschreitung p.A. 5,00 %“

Das Oberlandesgericht (OLG) Graz bejahte einen Verstoß gegen das Transparenzgebot im Sinne des § 6 Abs 3 des Konsumentenschutzgesetzes (KSchG). Nach dieser Bestimmung ist eine in Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Vertragsformblättern enthaltene Vertragsbestimmung unwirksam, wenn sie unklar oder unverständlich abgefasst ist. Das Transparenzgebot begnügt sich nicht mit formeller Textverständlichkeit, sondern verlangt, dass Inhalt und Tragweite vorgefasster Vertragsklauseln für den Verbraucher durchschaubar sind.

Dem Urteil zufolge sei es für die Kunden unklar, von welchem Betrag der Prozentsatz von 11,750 % zu berechnen ist. Für den durchschnittlichen Verbraucher bleibt insbesondere im Falle einer Überschreitung bei eingeräumter Überziehungsmöglichkeit unverständlich, von welchem Betrag (vom Überziehungs- und/oder Überschreitungsbetrag) der Prozentsatz von 11,750 % zu errechnen ist.

Zudem geht nach Ansicht des OLG Graz aus der Klausel auch nicht hervor, ob die Zinsen von 11,750 % nur bei einer Überziehung oder auch bei einer Überschreitung fällig sind.

Des Weiteren gehe aus der Klausel 1a nicht hervor, was unter einer „kurzfristigen Überziehungsmöglichkeit“ zu verstehen ist.

Im Ergebnis verschleiert die Klausel 1a die tatsächliche Höhe der Zinsen und die wahre Rechtslage, weshalb sie gegen die aus dem Transparenzgebot erfließenden Einzelgebote der Verständlichkeit und der Vollständigkeit verstößt.

Aus den genannten Gründen verstößt auch die Klausel 1b gegen das Transparenzgebot.

Die Klausel 2 ist schon deswegen als unzulässig zu qualifizieren, weil sie ihrerseits auf unzulässige Klauseln, nämlich auf die Klauseln 1a und 1b, verweist.

Der Zinssatz selbst unterliegt dem Urteil zufolge keiner gerichtlichen Kontrolle, da die Zinsen nicht zu den Nebenbestimmungen, sondern zu den vertraglichen Hauptleistungen gehören. Aus diesem Grund sind sie der gerichtlichen Inhaltskontrolle nach § 879 Abs 3 des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches (ABGB) entzogen.

Überziehung – Überschreitung 

Nach § 23 Abs 1 des Verbraucherkreditgesetzes (VKrG) versteht man unter einer Überschreitung, eine vom Kreditgeber stillschweigend akzeptierte Überziehung, bei der der Kreditgeber dem Verbraucher gegen Entgelt Beträge zur Verfügung stellt, die das aktuelle Guthaben auf dem Konto des Verbrauchers oder die vereinbarte Überziehungsmöglichkeiten überschreiten.  Einen Rechtsanspruch auf Überschreitung hat der Kunde nicht, wenn die Bank dies jedoch zulässt, gewährt sie ihm einen Kredit.

Im Gegensatz zur Überschreitung handelt es sich bei der Überziehung nach § 18 VKrG um einen ausdrücklich vereinbarten Kreditvertrag, mit dem sich der Kreditgeber verpflichtet, dem Verbraucher Beträge zur Verfügung zu stellen, die das aktuelle Guthaben auf dem laufenden Konto des Verbrauchers überschreiten.

Eine kurzfristige Überziehungsmöglichkeit liegt nach § 18 Abs 2 VKrG wiederum dann vor, wenn dem Kunden die Möglichkeit eingeräumt wird, sein Konto zu überziehen, der Kredit aber bei Aufforderung binnen drei Monaten zurückzuzahlen ist.

Alle drei Varianten führen zu verschiedenen Rechtsfolgen.

Nach dem Urteil müsse zwar nicht der vollständige Gesetzesinhalt zitiert werden, es müsse aber deutlich zum Ausdruck kommen, wofür welcher Zinssatz gilt.

 

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