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VW Abgasskandal

Donnerstag, November 24, 2016

Im September 2015 wurde im Rahmen von Untersuchungen der US-Umweltbehörde EPA festgestellt, dass der VW Konzern (Volkswagen AG mit Sitz in Wolfsburg, Deutschland) in diversen Fahrzeugmodellen der Jahre 2008 bis 2015 eine Software zur Umgehung von Emissionskontrollsystemen eingebaut hat. Außerdem ergaben interne Untersuchungen, dass bei der CO2-Zertifizierung einiger Fahrzeugmodelle zu niedrige CO2- und damit auch Verbrauchsangaben festgelegt wurden.

Es können Fahrzeuge aller Konzernmarken (VW, Audi, Seat, Skoda) der Baujahre 2008 bis 2015 betroffen sein. Es geht um Dieselmotoren mit 1,2, 1,6 und 2,0 l Hubraum mit der Typbezeichnung EA 189, die die EURO 5-Abgasnorm erfüllen bzw. erfüllen sollen. Auch eine geringe Stückzahl von frühen Euro 6-Fahrzeugen ist betroffen. Dabei handelt es sich um VW Passat und Passat CC-Modelle, die als Sonderausstattung mit einem SCR-System ausgerüstet wurden. 

Schadenersatzanspruch ex contractu

Grundsätzlich macht eine Vertragsverletzung nur dem direkten Vertragspartner gegenüber ersatzpflichtig. Nach ständiger Rechtsprechung bestehen Schutz- und Sorgfaltspflichten jedoch nicht nur zwischen den Vertragspartnern, sondern auch gegenüber Dritten, die aus dem Vertrag zwar nicht unmittelbar berechtigt sind, aber der vertraglichen Leistung erkennbar nahe stehen. Der Endabnehmer/die Endabnehmerin des Fahrzeugs steht der Erfüllung des Vertrages zwischen VW als Hersteller und seinem Vertragspartner (Großhändler, Einzelhändler) nahe. Auch wenn zwischen dem Endabnehmer/der Endabnehmerin des Fahrzeugs und VW kein Vertragsverhältnis besteht, kann ein Schadenersatzanspruch gegen VW sohin aus dem Rechtsinstitut des Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter abgeleitet werden.

Der eingetretene Schaden liegt im merkantilen Minderwert, der mit dem Differenzbetrag zwischen dem derzeit erzielbaren Verkaufspreis und dem üblichen Verkaufspreis anzusetzen ist.

Die Manipulation der Abgaswerte wurde von VW verursacht. Das Handeln von VW ist kausal für den eingetretenen Schaden.

Das Handeln bzw Verhalten von VW ist auch rechtswidrig, da bewusst und aktiv die Software zur Messung der Abgaswerte manipuliert worden ist.

Aufgrund der Beweislastumkehr (§ 1298 ABGB) liegt es an VW fehlendes Verschulden nachzuweisen.

Schadenersatzanspruch ex delicto

Gegen VW wird auch in strafrechtlicher Hinsicht ermittelt. Im Falle einer strafgerichtlichen Verurteilung ist vom Entstehen eines deliktischen Schadenersatzanspruchs auszugehen.

Merkantiler Minderwert

VW Fahrzeuge der betroffenen Motorengruppen sind derzeit am Markt um ein Vielfaches günstiger zu bekommen, als es vor dem Bekanntwerden der Thematik im September 2015 der Fall war. Vor diesem Hintergrund besteht ein Anspruch auf Ersatz des merkantilen Minderwertes, der hier eine Abgeltung jener Minderung darstellt, die ein dem VW Konzern zurechenbares Fahrzeug durch den VW Abgasskandal und die mediale Berichterstattung erlitten hat.

Bei der merkantilen Wertminderung handelt es sich grundsätzlich um einen positiven Schaden, der von einem Verkauf des Fahrzeuges unabhängig ist. Sie wird dadurch begründet, dass auch bei ordnungsgemäß durchgeführter Reparatur die Möglichkeit bestehen könnte, dass versteckte, bei der Reparatur nicht entdeckte Mängel, bestehen geblieben sind. Trotz sorgfältig durchgeführter Reparatur hat ein Fahrzeug aufgrund der gefühlsmäßigen Abneigung des Publikums gegen die Benützung eines Unfallfahrzeuges einen niedrigeren Verkaufswert als ein unfallfreies Fahrzeug unter sonst gleichen Verhältnissen. Der merkantile Minderwert hat seine Ursache in einem psychologischen Phänomen, das seinen Niederschlag in der Geringerbewertung von Fahrzeugen in der Käufergunst findet, die einen Unfall erlitten haben.

Die Judikatur des Obersten Gerichtshofes hat den Ersatz des merkantilen Minderwertes eines Unfallfahrzeuges zuerkannt. Der Schädiger hat dem geschädigten Abnehmer die Differenz zwischen dem Zeitwert des Fahrzeugs im Zeitpunkt des Unfalls und dem im reparierten Zustand zu ersetzen. Auch dieser ist nach dem OGH ein positiver Schaden, der neben den Reparaturkosten unabhängig davon, ob das Fahrzeug tatsächlich repariert oder in beschädigtem Zustand verkauft wird, zu ersetzen ist.

Bei analoger Anwendung dieser Rechtsprechung sind Ansprüche der EndabnehmerInnen der Fahrzeuge auf die Abgeltung des merkantilen Minderwerts aufgrund des durch den Abgasskandal entstandenen Vertrauensverlustes in die Qualitätsstandards der betroffenen Marken abzuleiten.

 

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