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Negativzinsen

Donnerstag, Juni 30, 2016

Der Zinssatz ist bei einem Fremdwährungskredit an einen Libor-Wert geknüpft. Seit Anfang 2015 gehen die Libor-Werte jedoch ins Negative. Es stellt sich die Frage, ob auch der Zinssatz ins Negative gehen kann, ob also Negativzinsen möglich sind und welche Konsequenzen sich daraus ergeben.
Der Zinssatz eines Fremdwährungskredites wird als Summe aus einem Indikator und einem Aufschlag gebildet, wobei als Indikator verschiedene LIBOR-Werte in Betracht kommen. Im jeweiligen Kreditvertrag findet sich dazu eine konkrete Vereinbarung, aus der ersichtlich ist, auf welchen LIBOR-Wert abgestellt wird und wie hoch der Aufschlag ist.

Bsp.: Sollzinsen gebunden an den 3-Monats LIBOR, kaufmännisch gerundet auf volle 0,125 Prozentpunkte, zuzüglich eines Aufschlages von 1 %)

Libor

Ist der LIBOR-Wert so deutlich negativ, dass der Sollzinssatz selbst unter Hinzurechnung des Aufschlages negativ bleibt, spricht man von Negativzinsen.

Würde der 3-Monats-LIBOR im o.a. Beispiel etwa auf -1,5 % sinken, würde der Sollzinssatz nach der Zinsbildungsklausel unter Berücksichtigung eines Aufschlages von 1 % eigentlich bei -0,5 % liegen. Es stellt sich hierbei die Frage, ob die Bank derartige Negativzinsen an die Kreditnehmer auszahlen muss.

Vorgangsweise von Banken

Banken haben in dieser Situation im Februar und März 2015 ihre Kreditnehmer angeschrieben und in verschiedener Weise darauf hingewiesen, dass keine Negativzinsen ausbezahlt werden. Teilweise wurde von Banken auch die Ansicht vertreten, zumindest immer den Aufschlag als Mindestzinssatz verrechnen zu können.

Entscheidung des Bezirksgerichts für Handelssachen Wien

Unlängst hatte der VKI (Verein für Konsumenteninformation) gerichtlich erreicht, dass Banken die Zahlung von Negativzinsen an ihre Kreditnehmer nicht kategorisch ausschließen dürfen. Das Bezirksgericht für Handelssachen Wien hat nun anders entschieden. Es schließt nämlich aus, dass der Kunde nichts zahlen muss oder gar von der Bank etwas für die Kredite verlangen kann. Auch die aktuelle Zinsentwicklung könne daran nichts ändern. Dem Urteil zufolge wird stets mindestens der im Kreditvertrag definierte Aufschlag auf den Referenzzinssatz fällig.
Weil Bank und Kunde beim Vertragsschluss eine negative Entwicklung der Indikatoren nicht vorhergesehen hätten, sei der Vertrag „zu Ende zu denken“: Wären sich die Parteien im Klaren gewesen, dass der Referenzzinssatz einen negativen Wert erreichen würde, hätten sie ihn bei null eingefroren, sodass dem Kreditinstitut jedenfalls der Aufschlag bleibt. Redlichen Parteien könne kein Vertrag unterstellt werden, nach dem der negative Referenzwert auch die im Aufschlag enthaltenen Kosten und die Gewinnmarge des Kreditinstituts aufzehren würde (15 C 344/15w).

 

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